Dunum und umzu

Gewerbegebiet auf der „Grünen Wiese“?

Rat und Gemeinde Dunum planen die Errichtung eines Gewerbegebietes von drei Hektar Größe in Dunum. Dieses Gewerbegebiet würde dann 200 Meter vom Ortseingang entfernt in einem Trinkwasserschutzgebiet in großer Nähe zu einem Trinkwasserbrunnen und nahe des Landschaftsschutzgebietes Benser Tief entstehen. Der Ort ist also ökologisch sensibel, wenngleich die Fläche selbst auf den ersten Blick ökologisch nicht besonders wertvoll erscheint. Doch in Zeiten, in denen in Deutschland der Flächenverbrauch bzw. die sog. Flächeninanspruchnahme zu den gravierendsten Umweltproblemen gehört, ist jede Fläche wertvoll. Unversiegelter Boden, besonders Humus, ist neben unserem Grundwasser, den Wäldern unsere kostbarste Ressource. Die vorgesehenen Kompensationsmaßnahmen sind oftmals nur ein Mittel zur Beruhigung des schlechten Gewissens: Hier werden mehrere tausend Quadratmeter Boden versiegelt, dafür werden ein paar Bäumchen gepflanzt und irgendwo ein ökologisch nutzloses Insektenhotel aufgehängt. Schönen Dank auch!

Durch die in einem Gewerbegebiet zu erwartende großflächige Versiegelung würde die ohnehin in Dunum problematische Oberflächenentwässerung noch schwieriger werden, 3 Hektar Lebensraum für Tiere gingen ebenso verloren wie Fläche, die als CO2-Speicher dienen könnte. Hinzu kommen Abfallstoffe, die ins Grundwasser geschwemmt werden.
Weitere Folgen wären ein enormer Anstieg des Verkehrs (je nach Gewerbe auch mit Schwerlasttransportern) und damit eine größere Lärmbelastung im Dorf. Dadurch würde das Dorf für Fußgänger, Fahrradfahrer, vor allem aber für unsere Schulkinder unsicherer werden.

Warum Dunum mit seinen im Ortskern knapp 700 Einwohnern ein Gewerbegebiet, auch noch von dieser Größe braucht, ist mir schleierhaft. Sicherlich spielen hauptsächlich finanzielle Aspekte eine Rolle. Wenn es aber darum geht, auch noch die letzten Rest des dörflichen Charakters zu zerstören, sind wir auf einem guten Weg.

Aber haben die Verantwortlichen nicht Recht? Sind die Kassen der Gemeinden und Dörfer nicht klamm? Müssen ländliche Gegenden nicht entwickelt werden? Ja und ja. Aber beiden Aspekten nur mit der Ausschreibung von Gewerbe- und Baugebieten zu begegnen, ist kurzsichtig und alles andere als alternativlos.

Den Gemeinden geht es vor allem darum, lokales Gewerbe vor Ort zu halten, was sicherlich zu begrüßen ist. Außerdem spielt natürlich die Erhöhung der Einnahmen aus der Gewerbesteuer eine wichtige Rolle. Hier muss man natürlich zunächst prüfen, welches Gewerbe es in Dunum überhaupt gibt, das in das Gewerbegebiet ziehen könnte und inwieweit das zu einer Erhöhung der Gewerbesteuereinnahmen führen würde. Daneben wird vergessen, dass auch ein Gewerbegebiet nicht unerhebliche Kosten verursacht, die zum Teil von den Kommunen getragen werden müssen.

Davon abgesehen sind Landes- und Bundespolitik gefordert, die kommunale Finanzierung endlich auf stabile Beine zu stellen. Wenn die Gemeinden sich vor allem durch die Grunderwerbs- und die Gewerbesteuer finanzieren, führt das reflexartig zu immer weiteren Bau- und Gewerbegebieten.

Aber welche Alternativen gibt es? Wird hier wieder nur gemeckert und blockiert, wo es den Politikern doch um das hehre Ziel der dörflichen Entwicklung geht?

Dorfentwicklung mit neuen Bau- und Gewerbegebieten gleichzusetzen, greift zu kurz. Es gibt Dörfer mit riesigen neuen Baugebieten, die jedweden dörflichen Charakter, jedes dörfliche Leben verloren haben. Was ich mir unter dörflicher Entwicklung vorstelle, habe ich an anderer Stelle auf dieser Seite angerissen. Kurzum: Die Zufriedenheit der Menschen im Dorf, das Eingehen auf die Bedürfnisse von Mensch und Natur vor Ort sollten oberste Richtlinie einer dörflichen Entwicklung sein. Das könnte übrigens mit einfachen Mitteln evaluiert werden.

Zur dörflichen Entwicklung kann es auch gehören, die Gemeinde für junge Selbstständige, Kreative und Dienstleister attraktiv zu machen. Die Förderung von Industrie mit dem traditionellen Gewerbegebiet auf der grünen Wiese ist ein überholtes Wirtschaftsförderungsinstrument des vergangenen Jahrhunderts mit erheblichen ökologischen Folgen und Folgekosten. Innovative Dörfer z.B. im weitaus strukturschwächeren Brandenburg und Sachsen locken seit einiger Zeit Grafikdesigner, Programmierer, Künstler, Literaturagenturen, Projektplaner etc. an. Diese benötigen lediglich Wohnraum und eine schnelle Internetverbindung, um von zu Hause arbeiten zu können. Diese Zuzügler bringen nicht nur Gewerbesteuereinnahmen, sie bereichern auch das soziale und kulturelle Leben im Dorf, machen die Gemeinden vielfältiger, bringen neue Ideen mit. Sie tragen zu einer Verjüngung überalterter Dörfer bei. Für solche Familien ist vor allem interessant, ob ein Dorf attraktiv ist, ob es Angebote für Kinder und Jugendliche gibt, ob die Verkehrssicherheit gewährleistet ist, ob es eine dörfliche Atmosphäre gibt, ob das Dorf in eine möglichst natürliche Landschaft eingebettet ist. Ob man allerdings junge, kreative Familien in ein Dorf lockt, wenn zweihundert Meter davor ein graues Gewerbegebiet liegt, ist fraglich.

Mit diesen Argumenten muss die Politik, muss die Bevölkerung konfrontiert werden. Manchmal sind es kleine Anregungen von außen, die ein Umdenken bewirken können. Und sollte der Diskurs und die Überprüfung der rechtlichen Rahmenbedingungen ergeben, dass ein Gewerbegebiet kommen soll (was ich nicht hoffe), dann muss es endlich eine Abkehr von den traditionellen, überaus hässlichen zubetonierten Gewerbegebieten mit ihren grauen Hallen geben.

Hier könnte auch eine neue Diskussion angeregt werden, nämlich die bestehenden Gewerbegebiete nach ökologischen Kriterien umzugestalten. Wie ich mir ein ökologisch halbwegs vertretbares Gewerbegebiet vorstelle, könnt ihr in diesem kleinen Flyer nachlesen:

Moderne Gewerbegebiete

Wie denkt Ihr über dieses Thema? Braucht Dunum, braucht jedes noch so kleine Dorf ein Gewerbegebiet? Soll Ostfriesland weiter zu einer Industrieregion entwickelt werden? Oder sollte durch die Bewahrung der ökologischen, kulturellen, historischen, sozialen und natürlichen Besonderheiten unserer Region deren Attraktivität gesteigert werden?

Wir freuen uns auf Eure Gedanken.

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